Sommer, Sonne, Camping und Pferde. So stelle ich mir eigentlich immer meinen Urlaub vor. Daher war die Entscheidung zum Western Festival ins Emsland zu fahren auch ziemlich schnell getroffen – trotz der Anfahrtszeit. Ein kleiner Kurzurlaub mit ein paar Freundinnen.
Was ist eigentlich ein Westernfestival?
Das Westernfestival auf Junkern Beel gibt es anscheinend schon ewig, ich hatte bis zu diesem Jahr aber noch nie davon gehört. Und etwas ganz anderes erwartet! Wir hatten beschlossen erstmal nur einen Tag hinzufahren, morgens hin und abends zurück. Das bedeutete zwar knapp sechs Stunden im Auto, aber was soll’s. Im Nachhinein würde ich das wohl nicht nochmal so machen, zumindest nicht bei 30°. Aber ich bin trotzdem froh, dass wir hingefahren sind, denn das Westernfestival ist bestimmt einmalig in Deutschland.
In der Stadt wo ich zur Schule gegangen bin, da gibt es auch ein Westernfestival. Allerdings ohne Pferde. Stattdessen verkleiden sich alle und tauchen für ein Wochenende in den Wilden Westen ein, sie wohnen in Tipis, tragen Leder und Fell und messen sich im Bogenschießen. Klingt vielleicht ein bisschen verrückt – ist es auch – aber ich mag, wenn Menschen sich genug Fantasie bewahren, um bei sowas aufzublühen. Sowas hatte ich bei dem Junkern Beel Festival auch erwartet, nur dass diesmal eben noch Pferde dabei sind.
Betonung auf Festival!
Tatsächlich war alles aber ganz anders: Es herrschte wirklich Festival Atmosphäre, so wie bei einem Musikfestival. Warst Du schonmal bei sowas? Als wir ankamen, da fühlte ich mich auf jeden Fall sehr an Hurricane und Co. erinnert. Das Zeltgelände war riesig und voll mit mehr oder weniger abenteuerlichen Feier-Konstruktionen. Und dazwischen waren überall kleine Paddocks aufgebaut und mitten zwischen den Zelten grasten überall Pferde.
Mit Nahtoderfahrung auf der Hinfahrt….
Wir waren erstmal heilfroh dass wir angekommen waren, denn auf der Hinfahrt ist uns bei 100 Sachen auf der Landstraße ein Hinterreifen geplatzt. Das war ein ganz schöner Schreck und ich bin echt glücklich, dass ich den Wagen halten konnte. Ich mag gar nicht darüber nachdenken was hätte passieren können. Ich möchte wirklich nochmal betonen: Warte nicht mit Deinen Träumen! Es könnte irgendwann wirklich zu spät sein. Und dieses Erlebnis hat mir wieder vor Augen geführt, dass es viel früher zu spät sein könnte als wir uns das so denken.
Naja, wir hatten dann auf jeden Fall jede Menge Glück im Unglück: Uns war immerhin nichts passiert. Dann hielt auch sofort ein netter anderer Autofahrer und wechselte uns aufgescheuchten Hühnern den Reifen. Wir hatten zum Glück ein Notrad dabei. Dann fuhren wir zu einer nahegelegnen Werkstatt, die leider zu hatte, aber das Autohaus gegenüber erzählte uns von einer anderen großen Werkstatt mit einem riesigen Reifenlager. Als wir dort anriefen war zwar zu, es gab aber eine Notfallnummer und wir erreichten auch tatsächlich jemanden. Eine Viertelstunde später trafen wir uns dort und man hatte sogar einen gebrauchten Allwetterreifen in der richtigen Größe da. Da kann man schon mal von Glück im Unglück sprechen, oder?!
Soooo viel zu gucken!
Jedenfalls waren wir dann heilfroh, als wir endlich angekommen waren. Wir staunten nicht schlecht über die Größe und die vielen Reiter, die auch auf dem Campinggelände unterwegs waren und bahnten uns erstmal direkt den Weg zur Reitarena (nach einem kurzen Stop an der Bar).
Ich hatte eigentlich gedacht, dass es ein Westernturnier mit den üblichen Disziplinen (Reining, Pleasure, Trail) wäre und drumherum noch ein paar Spaßdisziplinen, aber tatsächlich waren es nur die Spaßdisziplinen. Vom Barrel Race über Mattenrennen bis hin zu Indian Rescue war alles dabei. Das Ganze hätte auch echt witzig sein können, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich einige wirklich unschöne Bilder gesehen habe. Viele der Teilnehmer konnten eben nicht so gut reiten, dass sie in hohem Tempo mit feinen Hilfen um die Fässer hätten manövrieren können. Ich hätte das auch nicht gekonnt, versteh mich nicht falsch – aber wenn das bedeutet, dass ich dem Pferd wie blöde im Maul rumreißen und mit den Sporen darauf eindreschen müsste, dann würde ich auch nicht teilnehmen, oder eben eine schlechte Zeit in Kauf nehmen. So sahen das aber die meisten nicht… Einige wenige waren dabei, die ihre Partnerschaft mit ihrem Pferd bei dem ganzen Spaß nicht vergaßen und das war dann auch wirklich lustig. Den meisten schien aber eine gute Zeit viel wichtiger zu sein. Schade!
Spätestens beim Mattenrennen mussten aber die Menschen mehr leiden als die Pferde…
Als das eigentliche Programm vorbei war, hatten wir noch Glück und konnten die Generalprobe einer Horsemanship Truppe mitansehen, die seeeeehr beeindruckend war.
Ein absolutes Highlight an diesem Tag. Ich habe zumindest noch nie ein Pferd mit Reiter (entspannt) in einen fahrenden Hänger galoppieren sehen…
Anschließend liefen wir noch ein wenig herum und ich muss sagen, da gab es schon einiges zu gucken:
Große und kleine Cowboys, Partyvolk, das die Ladefläche eines Pickups in einen Pool umfunktioniert hatte, riesige Partycamps im Saloon-Stil bis hin zu wirklich hübschen Cowgirls auf wirklich hübschen Pferden, die zwischen den Zelten Schau-ritten. Vom Friesen bis zum Mini-Shetty waren alle Größen und Rassen vertreten und die allermeisten ritten ohne Sattel. Ich machte mir zwar immer ein bisschen Gedanken um die Pferde, muss aber zugeben, dass die allermeisten ziemlich entspannt durch den ganzen Trubel trotteten.
Insgesamt ist das eine wirklich einmalige und auch irgendwie lustige Veranstaltung. Ich wünschte, dass bei den Wettbewerben mehr Fairness herrschen würde, denn dann hätte ich das auch genießen können. Und ich muss zugeben: Ich würde das wirklich gern genießen können, denn die Atmosphäre war ein Knaller. Ich hätte schon auch Lust irgendwann mal mit Soudi dort hinzufahren. Vielleicht machen wir das ja irgendwann und zeigen allen, dass es auch fair UND schnell geht. Mit meinem kleinen Flitzer könnte das klappen… 😉
4 comments
Toller Artikel! Da ich bei diesem aufregenden Trip ja auch dabei war, muss ich sagen, hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen 😀 Selbst für mich als Hundenarr war es aufregend und ich ich glaube ich würde dort auch mal zum Zelten hinfahren, sogar ohne Pferd. Aber mit Soudi wäre es bestimmt doppelt super! 😀
Ja, das glaube ich auch. Aber unser Reiten sähe auf jeden Fall anders aus als das was wir da so gesehen haben… :-/
Was du ansprichst, finde ich auch immer schwierig bei diversen Pferdeveranstaltungen: Wenn menschlicher Fokus und der des Pferdes nicht übereinstimmen, und daraus dann ein Ziehen und Zerren entsteht. Ich geh schon gar nicht mehr auf Turniere, die ja eigentlich unter Gesellschaftsaspekten nett sein können, weil mir die Reiterei einfach so auf den Zeiger geht. Ich schaue auch unheimlich gern Pferderennen, aber das kann man mit seinem guten Gewissen auch sehr schwer vereinbaren. Außerdem finde ich es lästig, die ganze Zeit mit so einer Zeigefinger-Moralapostel-Attitüde durch die Welt zu rennen, weil ich das ja selbst nicht leiden kann. Aber manche Missstände gehören einfach angesprochen.
Was mich mal beeindruckt hat war vor Jahren auf dem Mannheimer Maimarktturnier, als es noch die Westerndisziplinen gab: In der Mitte der Showring mit den Prüfungen, am Rand vor der Tribüne standen die Westernpferde mit ihren Trensen am Sattel und chillten. Ich glaube, dass nicht nur die Zucht die Pferde entspannter macht, sondern auch die Reitweise. VG!
Ja, ich weiß genau was Du meinst. Eigentlich gucke ich Turniere total gern an, egal welche Reitweise, egal ob Springen, Dressur oder Western. Aber ich war noch auf keinem einzigen Turnier, auf dem mir der Spaß nicht durch brutale Reiter und gestresste Pferde verleidet wurde. Sehr schade! Wenn der Fokus mehr auf den Pferden läge, dann könnte das eine gute Sache sein. Am Wochenende gehe ich auf ein Breitensportturnier hier in der Nähe. Ich bin sehr gespannt wie es da so zugeht.