Der Stall ist für viele von uns ein Rückzugsort, er bedeutet Kurzurlaub im stressigsten Alltag, wir verbringen Zeit mit unseren Freunden (zwei- wie vierbeinige) und tanken dort jede Menge Energie. Kurzum: Wir genießen die Zeit mit unseren Pferden. Richtig toll wird es natürlich, wenn wir dann auch noch das Gefühl haben, dass es voran geht. Dass wir Fortschritte machen und unseren (reiterlichen) Zielen näher kommen. Aber es gibt eben auch die anderen Zeiten, in denen es nicht vorangeht, in denen wir Fehler machen, unser Pferd uns nicht zuhört und wir vielleicht sogar Rückschritte machen. In diesen Zeiten stellt sich oft Frustration ein, weil wir uns (anscheinend umsonst) abstrampeln und doch keine Fortschritte machen. Das ist natürlich menschlich, aber wollen wir wirklich so unsere Freizeit im Stall verbringen? Ich jedenfalls nicht.
Hinzu kommt, dass Frust oft verhindert, dass sich die Situation verbessert. Wer frustriert ist, ist ungeduldig und meist sogar ungerecht. Das führt dazu, dass unser Pferd irgendwann nicht mehr mit uns zusammenarbeiten mag, nichts klappt mehr und wir sind am Ende noch frustrierter.
Mir ging es neulich selbst so. Wir hatten einen Kurs mit einer Trainerin bei uns am Stall, der erste dieser Art für Soudi und mich und es ging um unsere Lieblingsdisziplin: Freiheitsdressur. Wir legten also los und zeigten was wir können. Zwei Minuten ging das auch gut, aber dann konnte sich der Kindskopf mit all den Ablenkungen schon nicht mehr konzentrieren. Er hörte mir nicht mehr zu, war kaum vom Zaun wegzubekommen, hinter dem die Zuschauer saßen (man könnte ja was verpassen) und an neue Übungen war nicht mehr zu denken. Während ich versuchte, ihn wieder zu mir zu holen, stieg mein Frustlevel natürlich ins unermessliche. Ausgerechnet mit all den Zuschauern und jetzt im Kurs, wo ich die Trainerin bezahlte, damit sie uns etwas neues beibrachte! Was meinst Du, ist es dann noch besser geworden? Nein, natürlich nicht. Ich hätte die Einheit abbrechen sollen, als ich merkte, dass mein Pferdekind genug hatte. Stattdessen war ich frustriert und deshalb ungeduldig und ungerecht.
Grund genug sich mal ein paar Gedanken dazu zu machen, wie man Frust vermeiden kann. Denn das liegt zum Glück in unserer Macht.
1. Entziehe Dich der Situation
Wenn ich bei meinem Pferd bin, dann bin ich oft so in den Moment vertieft, dass mir der Abstand fehlt, um die Situation objektiv zu beurteilen. Im Moment sein ist zwar im Grunde eine tolle Sache, aber manchmal brauchen wir den Abstand, um ein guter Lehrer zu sein. Wenn also mal wieder gar nichts klappt, dann kann es helfen sich der Situation zu entziehen. Entferne Dich ein paar Schritte und atme ein paar Mal tief durch. Dann spiele nochmal in Gedanken durch was gerade passiert ist. Vielleicht kommst Du sogar darauf was schief gelaufen ist. Aber wenn nicht, macht das auch nichts, denn das wichtigste ist inzwischen ganz bestimmt passiert: Du hast wieder etwas Abstand. Jetzt hast Du Zeit, um Dir einen neuen Ansatz zu überlegen. Ist diese Übung gerade wirklich das Richtige für eure Stimmung und euer Energielevel? Kannst Du Deinem Pferd auf andere Art erklären was Du von ihm möchtest? Oder ist es heute vielleicht besser nichts Neues anzufangen? (In diesem Fall solltest Du am besten nochmal eine bewährte Übung probieren, die ihr sicher könnt und dann die Einheit positiv abschließen.)
2. Sei flexibel
Mein Frust-Erlebnis von dem ich Dir eben erzählt habe, wäre normalerweise kein Problem gewesen, denn wenn ich merke, dass Soudi für die Freiarbeit heute einfach zu abgelenkt ist, dann machen wir etwas anderes. So what! Aber an diesem Tag konnte ich das nicht, ich hatte ja schließlich für Freiarbeits-Unterricht bezahlt. Blöd, oder? Genau. Ich bin kein Fan von starren Trainingsplänen, weil uns diese viel zu sehr einschränken. Ich möchte, wenn wir zusammen arbeiten, unsere Tagesform (und damit meine ich sowohl meine als auch Soudis) mit einbeziehen. Da kann sich der Plan schonmal spontan ändern. Denn was nutzt es uns, wenn ich feine Handarbeit machen will, Soudi aber gerade Energie für zehn hat und am liebsten wild bockend über den Platz fegen möchte? Die Frustration ist da doch auf beiden Seiten vorprogrammiert. In Zukunft werde ich deshalb auch im Unterricht flexibler sein und im Zweifel einfach etwas anderes probieren. Und wenn es gar nicht geht, dann ziehe ich es in Zukunft lieber vor abzubrechen als uns beiden so eine frustrierende Stunde zuzumuten. Beim nächsten Mal klappt dafür alles umso besser – solange Du flexibel bist und Dich auf Dein Pferd einstellen kannst.
3. Stelle mittel- und langfristige Ziele auf
Flexibel zu sein ist viel einfacher, wenn Du Dir nicht vorgenommen hast, diese Woche endlich XYZ zu erreichen. Ich finde es wichtig Ziele zu setzen, aber ich achte dabei darauf, dass uns das nicht die Freiheit nimmt, auf unsere Tagesform einzugehen. Aus diesem Grund habe ich meist mehrere eher mittel- und langfristige Ziele aus verschiedenen Bereichen, an denen wir parallel arbeiten können. Natürlich ist es wichtig dabei das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren oder Dein Pferd zu verwirren, aber dazu dienen uns ja die langfristigen Ziele als Wegweiser. Die großen Ziele habe ich zuvor in kleine Etappenziele runtergebrochen und mir einzelne konkrete Schritte überlegt, die man in kurzen Einheiten erreichen kann. Und vor allem plane ich genug Zeit für die größeren Ziele ein, um auch mal eine Woche nur spazierenzugehen oder rumzualbern. Oft erreichen wir dabei dann eher zufällig anderes, das ich noch gar nicht eingeplant hatte, das uns in diesem Moment aber leicht fällt, weil es gerade zur Stimmung passt. Hier findest Du noch ein paar mehr Tipps zum Setzen von Zielen, die Du auch erreichst und euch nicht frustriert zurücklassen.
4. Dokumentiere was ihr schon erreicht habt
Ehrlich gesagt habe ich das selbst noch nicht gemacht, aber davon habe ich neulich in anderem Zusammenhang gelesen und war sofort Feuer und Flamme. In den Zeiten, in denen nichts klappt, ist man oft der Meinung, dass man gar nichts kann und auch noch nichts geschafft hat. Wenn nicht bewusst, dann doch zumindest unterbewusst. Natürlich stimmt das nicht. Wir haben schon ganz viel erreicht worauf wir stolz sein können, was aber inzwischen zu selbstverständlich geworden ist, um es bewusst wahrzunehmen. Wenn Du in guten Zeiten eure Fortschritte dokumentierst, dann weißt Du auch in schlechten Zeiten was ihr schon alles geschafft habt und kannst Dir das jederzeit vor Augen führen. Dabei ist es egal wie Du das dokumentierst. Du kannst ein Tagebuch führen und eure Erfolge aufschreiben, Du kannst ein Fotoalbum anlegen oder sogar Videos drehen. Deiner Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Die Hauptsache ist, dass Du Dir eure Erfolge ins Gedächtnis rufen und so auch in schwierigen Phasen die Motivation aufrecht erhalten kannst.
5. Pfeif drauf was Andere denken
Eine große Quelle von Frustration ist oft, dass wir anderen etwas beweisen wollen – und meist klappt genau dann überhaupt nix. Diese Konstellation ist ein ganz sicherer Garant für Frust. In die Falle bin auch ich bei besagtem Kurs getappt. Weil die Freiheitsdressur bei uns normalerweise meistens wunderbar klappt, hatte ich – ich gebe es ja zu – schon ein bisschen gehofft, dass wir beim Kurs glänzen und unsere geliebten Stallkolleginnen ein bisschen beeindrucken könnten. Tja, Pustekuchen. War natürlich eigentlich total egal, aber in dem Moment hab ich mich eben doch verleiten lassen und was war das Ergebnis? Wir waren beide total frustriert. Das muss nicht sein. Unsere Stallgemeinschaft hat uns auch gern, wenn wir nix können. 😛 Und wer uns dann nicht gern hat, den brauchen wir auch nicht wenn’s klappt. 😉
Bist Du auch manchmal frustriert, wenn ihr so gar nicht vorankommt? Was tust Du um dem vorzubeugen oder aus der Frustspirale wieder rauszukommen?