Ein Reiter und ein Pferd sterben beim Vielseitigkeitsturnier in Luhmühlen – und die Reiterwelt ereifert sich über Prinzipien. Wie weit ist es mit unserer Reitersezene gekommen, dass soetwas passieren muss und so damit umgegangen wird?
Es ist ein schwarzer Tag für den Reitsport. Beim großen Vielseitigkeitsturnier in Luhmühlen verunglückte Benjamin Winter, eine der großen deutschen Nachwuchshoffnungen, tödlich. Mein Beileid ist bei seinen Hinterbliebenen und bei dem erst 25-Jährigen selbst wegen all der Ritte und all der glücklichen Tage, die er nun nicht mehr erleben kann.
Es war nicht das einzige Unglück bei diesem Turnier: Die Britin Georgie Spence stürzte ebenfalls und brach sich das Schlüsselbein, das Pferd Liberal des Briten Tom Crisp brach auf dem Parcours zusammen. Es starb nach einem Aortaabriss. Und dieses Turnier ist leider keine Ausnahmeerscheinung. Auch im vergangenen Jahr starb ein Pferd in Luhmühlen und noch etliche weitere auf anderen Turnieren.
Sind diese Turniere Tierquälerei?
Natürlich kann auch ein Freizeitpferd durch ein Unglück bei einem Sturz oder sogar durch einen Aortaabriss ums Leben kommen. Aber um die Regelmäßigkeit zu leugnen, die sich in den letzten Jahren im Turniersport abzeichnet, braucht man schon eine gehörige Menge Ignoranz.
Auf Facebook überschlagen sich derweil Kritiker und Befürworter dieser Turnierszene, aber weil die Diskussionen selten sachlich bleiben, stößt man überall auf verhärtete Fronten. Die Turnierreiter sind alle Tierquäler und die Kritiker alle Ahnungslose. Wie wollen wir uns von diesem Flecken wegbewegen?
Irgendwas läuft schief. Ob es tatsächlich immer Tierquälerei ist vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht haben manche der Pferde ja tatsächlich Spaß an den Wettbewerben. Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß ist, dass in den letzten Jahren entschieden zu viel passiert ist. Es gab zu viele Tote – Pferde und Menschen gleichermaßen. Und wenn ich mir diese Turniere ansehe, dann kann ich nicht umhin zu bemerken, dass die Hindernisse immer raffinierter und immer krasser werden. In jedem Sport geht es langfristig um die Steigerung der Leistungen. Beim Radsport resultierte dies in Doping-Exzessen und auch in anderen Sportarten sorgte dieser Ehrgeiz immer wieder für Skandale. Auch im Reitsport werden Grenzen überschritten, damit es spannend bleibt. Dabei bleibt die Sicherheit von Pferd und Reiter aber auf der Strecke.
Heute ist kein Tag für Diskussionen
Heute ist kein Tag für Grundsatzdiskussionen. Heute sollten wir uns und unsere Überzeugungen zurücknehmen, den Verunglückten (Menschen und Pferden) und deren Angehörigen unseren Respekt zollen und innehalten. Hier darf es nicht um Grabenkriege und Anschuldigungen gehen, sondern darum einen besseren Weg zu finden. Für mich sind die Turniere auch noch spannend, wenn sie sich nicht Jahr für Jahr übertreffen. Wir brauchen keine Steigerung ins Unendliche, wenn das auf Kosten der Sicherheit von Reiter und Pferd geht.
Ich wünsche mir, dass wir einen Weg finden, konstruktiv darüber zu sprechen wie die Zukunft des Reitsports aussehen sollte. Nur so können wir einen Weg finden, um den Reitsport wieder ein Stückchen sicherer zu machen.