Heute will ich Dir einmal detailliert zeigen, wie wir uns an die Sprühflasche gewöhnen. Als Mieks und Jasmin neulich da waren, waren sie so lieb mal Fotos von unserer „Trainingssession zu machen. Da im Moment ja die schlimme Bremsen- und Fliegenzeit und daher war die Gewöhnung an die Sprühflasche unaufschiebbar. Ich benutze im Moment übrigens eine Mischung aus Essig und Wasser. Stinkt zwar ziemlich, funktioniert aber für etwa ein bis zwei Stunden. Dazu füttere ich Koblauch bzw. Knoblauchgranulat, um ihm die Zeit etwas zu vereinfachen. So 100% wirkt das alles nicht, aber es macht das Ganze erträglicher.
Soudi ist ja generell ziemlich unerschrocken, deshalb war ich von Anfang an optimistisch. Allerdings wusste ich auch, dass auch ein cooles Pferd die Sprühflasche ziemlich gruselig finden kann. Diego, meine frühere Reitbeteiligung ist auch ziemlich cool, aber damit war es vorbei, wenn man mit der Sprühflasche kam.
Bei unserer ersten Übungseinheit bat ich Stefan ihn zu halten, damit ich mich ganz auf das Sprühen und Soudis Reaktion konzentrieren konnte. Ich bat Stefan Soudi ausweichen zu lassen, wenn er sich wirklich erschreckt. Wenn er aber nur stetig ausweicht, weil er es unangenehm findet, dann sollte er ihn halten. Stefan hat das super gemacht, obwohl die Unterscheidung ja gar nicht so einfach für einen Nicht-Pferdekenner ist. Nachdem ich bei diesem ersten Mal feststellen konnte, dass Soudi nicht hysterisch wird, konnte ich es die nächsten Male auch allein mit ihm üben. Ich kann Dir aber empfehlen eine schwierige neue Lektion erstmal zu zweit auszuprobieren, damit Du Dich voll auf Deine Aufgabe konzentrieren kannst.
Ein Jungpferd an Fliegenspray gewöhnen – das kommt auf alle Jungpferdebesitzer zu, wenn die Tage langsam wärmer werden. Aber auch bei erwachsenen Pferden kann das noch ein Thema sein, da nicht alle schonmal Bekanntschaft mit einer Sprühflasche gemacht haben – oder zumindest nicht so, dass sie es als ungefährlich abspeichern konnten.
Ich lasse Soudi zunächst an der Sprühflasche schnuppern, damit er weiß was jetzt passiert. Das mache ich auch zwischendurch immer wieder, wenn er ausgewichen ist. Es beruhigt ihn ungemein und wir können danach wieder neu anfangen. Würde ich ihn nicht daran schnuppern lassen, dann würde er sich weiter reinsteigern und das Ganze würde in einen Konflikt ausarten. In so vielen Situationen habe ich schon beobachtet, dass Pferde daran gehindert werden an Dingen zu schnuppern, die wir anschleppen. Aber es macht das Aushalten für die Pferde so viel einfacher, wenn sie es einmal kurz unter die Lupe nehmen dürfen!
Ich werde jetzt Schritt für Schritt zeigen was ich gemacht habe und das Bild jeweils kommentieren. Das ist keine perfekte Trainingseinheit – was für Dich umso besser ist, denn ich werde meine Fehler genau analysieren. Meine wohlgemerkt, denn Soudi macht keinen einzigen. Er reagiert lediglich auf mich (aus der Sicht eines recht coolen Fluchttieres). 🙂
Soudi und die Sprühflasche des Grauens 🙂
Soudi hat an der Sprühflasche geschnuppert und ich sprühe erstmal direkt gegen seine Brust. Das ist ein Fehler, denn dort kann er nicht gut sehen was ich mache und noch dazu ist er an der Brust besonders empfindlich. Natürlich ist das der kürzeste Weg vom Schnuppern zum Sprühen, ich hätte aber lieber in seinem Blickfeld bleiben sollen.
Dementsprechend fand Soudi das erstmal nicht lustig und legte entschieden den Rückwärtsgang ein. Da er das offensichtlich wirklich gruselig fand und nicht nur ein bisschen unangenehm, ließ ich ihn auch rückwärts gehen solange er wollte. Ich hätte ihn bis zum Ende des langen Stricks gehen lassen, aber das ist bei ihm selten nötig.
Er hat sich nur etwa einen Meter zurückgezogen und ist dann von selbst stehengeblieben. Er hat dabei gemerkt, dass er sich zurückziehen kann, wenn es zu schlimm ist. Gleichzeitig bleibt er aber in meinem Einflussbereich und weiß, dass es gleich weitergeht. Er soll natürlich auch nicht lernen, dass er sich der Übung auf diese Art entziehen kann. Aber darum geht es hier auch nicht. Hier hat er wirklich ein bisschen Angst und deshalb lasse ich ihn so weit ausweichen, bis er sich wieder wohlfühlt. Ich gehe jetzt auch nicht auf ihn zu, sondern bitte ihn wieder zu mir. Er kann selbst entscheiden wann er wieder bereit ist weiter zu machen. Ich habe die Zeit und lasse sie ihm. Bei Soudi dauert es aber nicht lange. Er muss nur kurz durchatmen und weiß außerdem, dass er von mir ordentlich gefeiert wird, wenn er ein tapferer kleiner Held ist. ;D Wir machen das ja nicht zum ersten Mal. Ich bitte ihn also wieder zu mir…
Nichts überstürzen. Er ist von sich aus wieder zu mir gekommen und ich lasse ihn jetzt an dem gruseligen Ding schnuppern. Ist doch alles gar nicht so schlimm, oder?!
Jetzt mache ich es richtig und stelle mich seitlich parallel zum Pferd. Hier kann er gut sehen was ich mache und im Schulterbereich ist er weiger empfindlich als auf der Brust.
Er findet das Ganze trotzdem nicht angehem, das sieht man an der angespannten Körperhaltung. Ich achte genau darauf bis zu welchem Punkt er es aushält und höre idealerweise auf bevor es ihm zu viel wird. Damit gelingt mir ein positiver Abschluss: Ich kann überschwenglich feiern, dass er so tapfer stillgestanden hat. Das bringt wieder einen positiven Schwung rein und ich kann danach wieder positiv aufgeladen weitermachen. Ich muss nicht das ganze Pferd in einem Rutsch einsprühen. Viel wichtiger ist, dass ich vermeide über seine Toleranzgrenze zu treten, damit ich jede „Etappe“ positiv beenden kann.
Hier mache ich wieder Quatsch und Soudi quittiert das auch. An seiner Ohrenstellung und dem gesamten Gesichtsausdruck sieht man deutlich, dass er das gerade ziemlich bescheiden findet. Mein Fehler ist die seltsam verkrampfte und „anpirschende“ Körperhaltung. Ich wirke so vielleicht wie ein herankommendes Raubtier, mindestens aber wirke ich nicht entspannt und das reicht schon. Ich sollte Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen, aber das kann ich mit dieser Körperhaltung nicht. Ich habe mir wahrscheinlich gedacht, dass ich mich möglichst wenig bewegen will, um ihn nicht zu stressen. Solche Fotos sind dann sehr hilfreich, weil sie einem die eigenen Fehler klar machen. Soudi hat mir allerdings auch mitgeteilt, dass das gerade doof ist. Einen Augenblick nach diesem Foto ist er zur Seite ausgewichen. Er dreht dann das Hinterteil im Kreis, so dass er mir auweichen kann – das ist nett, er könnte ja theoretisch auch versuchen sich loszureißen, das macht er aber zum Glück nicht. Dieses Ausweichen ist anders als das auf dem zweiten Bild. Dort hat er wirklich Angst und gruselt sich. Hier findet er es unangenehm und will deshalb ausweichen. Das lasse ich nicht einfach so geschehen, aber ich möchte auch keinen Konflikt. In dieser Situation höre ich auf zu sprühen (das ist in diesem Augenblick einfach zu schlimm), aber ich lasse ihn sich nicht ganz zurückziehen. Ich folge seiner Drehung so ruhig und entspannt wie möglich und halte mit der Hand Kontakt zu ihm. Er hört dann recht schnell auf sich zu drehen und steht wieder still. Dann mache ich nicht einfach weiter. In dem Moment wo er still steht ziehe ich mich zurück und lasse ihn wieder an der Sprühflasche schnuppern. Jetzt können wir von vorne anfangen und meistens ist er beim nächsten Versuch noch viel tapferer. 🙂 <3
Sprühen auf seiner „schlechten“ Seite
Nachdem ich dann nochmal erfolgreich seine linke Seite eingesprüht hatte, widme ich mich seiner rechten. Das ist für Soudi die schwierigere, aber er macht das recht gut. Wahrscheinlich weißt Du das schon, aber falls nicht: Achte mal drauf welche die empfindlichere Seite Deines Pferdes ist, dann kannst Du darauf auch entsprechend eingehen. Ich mache allerdings denselben Fehler wie auf der linken Seite:
Du siehst: Ich sehe nicht sehr vertrauenerweckend aus und Soudi guckt dementsprechend auch nicht so als würde er mir besonders weit trauen…
Trotzdem hält der kleine Held tapfer durch und wird dementsprechend auch ordentlich gefeiert. Nach jeder erfolgreichen „Etappe“ gibt es überschwängliches Lob, Kraulen und ein Leckerli. Am Ende der Übungseinheit erst recht… 🙂
So, das war eine Übungseinheit von uns mit dem Thema Sprühflasche. Nicht alles perfekt, aber wir lernen ganz gut voneinander und spielen und immer besser ein. Vielleicht kannst Du ja auch ein bisschen was aus meinen Fehlern lernen. Nach dieser „Session“ kann ich Dir auf jeden Fall empfehlen: Bitte bei schwierigen Lektionen mal eine Freundin euch zu fotografieren. Oft ist es total aufschlussreich Dich mal selbst bei der „Arbeit“ zu sehen. 🙂
Hat Dir diese Trainingseinheit gefallen? Soll ich das häufiger machen? Und wie hast Du Deinem Pferd die Sprühflasche näher gebracht?
*Fotos: Mieke
2 comments
Liebe Sophie,
ich finde es schön, dass du die Trainingseinheit hier mit uns teilst und auch Bilder einstellst auf denen du nicht alles richtig machst. Es ist unheimlich hilfreich, wenn Bilder gemacht warden, oder auch mal ein Video. Das hat letztens eine Freundin von Parcival und mir beim Ballspielen gemacht und ich habe bemerkt, dass mein Timing manchmal ziemlich daneben war.
Sprühflasche ist natürlich auch für Parcival und mich ein Thema. Im ersten Jahr ging das total problemlos. Ohne, dass ich das groß üben musste, hat er das ganz brav mit sich machen lassen. Dieses Jahr ist die Sprühflasche plötzlich ein großes Problem. Ich weiß nicht, warum das so ist. Mir würde nichts einfallen, was dazu geführt hat, dass er nun Angst vor der Flasche hat.
Wir trainieren das ganz ähnlich wie du. Ich habe Parcival dabei aber komplett frei, weil ich gemerkt habe, dass er sich wohler fühlt, wenn er das Gefühl hat, er kann komplett weggehen. Außerdem mache ich die Unterscheidung nicht, ob Parcival Angst hat, oder es nur unangenehm findet. Ich lasse ihn immer ausweichen. Für mich ist die Tatsache, dass es für Parcival unangenehm ist auch schon ein Zeichen, dass ich nochmal einen Schritt zurück gehen sollte bis er nicht mehr ausweichen möchte. Dadurch, dass Parcival sehr motiviert beim Training ist, hatte ich bisher nie das Problem, dass er sich komplett entzogen hat und ich gar nicht mehr weiter machen konnte. Er hat das nie ausgenutzt, dass ich ihn immer gehen lasse. Für ein Stück Karotte überwindet man sich dann doch sogar mal etwas bei der Sprühflasche stehen zu bleiben. 🙂
Die Sprühflasche ist allerdings wirklich ein Thema, was ich momentan wieder consequent in unser Training mit aufnehmen muss.
Ich hoffe es ist in Ordnung, wenn ich immer wieder von Parcivals und meinem Trainingsweg erzähle.
Liebe Grüße
Miriam
Liebe Miriam,
unbedingt mehr von eurem Trainingsweg! Ich finde das ganz toll und freue mich immer sehr zu hören wie ihr das gemacht habt. Das ist auch ein Grund warum ich diesen Blog gestartet habe, weil ich darauf gehofft habe mich mit anderen austauschen zu können! 🙂 Auf der großen Weide (im Moment können wir aus verschiedenen Gründen nur dort üben) ist mir das ganz frei doch ein bisschen „riskant“. Ich möchte ihn ja gern einsprühen, damit ihn die Bremsen nicht mehr so nerven. Tatsächlich habe ich es aber neulich ohne alles versucht und er ist stehen geblieben wie ne Eins! 🙂 Ich war sooo stolz! Das werde ich jetzt auch mal häufiger probieren. Die Hufe hat er dann übrigens auch noch gegeben wie ein Großer. Das war unser großer Tag! ;D
Liebe Grüße,
Sophie