Wahnsinnig viel Platz, eine große Herde mit Spielkameraden und ein paar erwachsene Pferde, die die Verantwortung und Führung übernehmen – so hatte ich mir Soudis Zuhause bei mir vorgestellt. Als ich das nach einigem Suchen endlich fand war mir egal, dass der Stall weiter weg ist als ich mir gewünscht hatte. Hauptsache Soudi hat alles was ein Pferdekind braucht, um glücklich und unbeschwert groß zu werden.
Aber dann kam es erstmal anders, wie ich hier schon beschrieben habe. Platz hatten die beiden zwar, aber so zwei Pferdekinder ganz allein, das ist einfach nicht ideal. Nachdem Soudis Weidekumpel Taajwar in den letzten Wochen immer zutraulicher geworden ist, hatten wir beschlossen, dass wir nun den Versuch wagen die beiden endlich in die große Herde umzuziehen.
Ich war wirklich aufgeregt und war mir nicht sicher, ob wir das hinkriegen. Taajwar ließ sich noch immer nicht aufhalftern und wir hatten beschlossen ihn zu sedieren. Anders wäre das Ganze einfach zu gefährlich für alle Beteiligten gewesen.
Taajwar brauchte zwei Spritzen, ehe er so ruhig wurde, dass er sich aufhalftern ließ. Nach der ersten sah er zwar schon müde aus, flüchtete aber trotzdem, als wir ihm das Halfter anlegen wollten. Dann tauchten auch noch fiese riesige Pferdebremsen auf, die seine Widerstandslosigkeit gnadenlos ausnutzten… Aber schließlich hatten wir die Biester vertrieben und Taajwar war so tiefenentspannt, dass er sich ohne Probleme das Halfter anlegen ließ.
Ausnüchterung unter Schaulustigen
Unsere Stallbesitzerin fuhr mit dem Pferdehänger an unser Tor und Soudi ging nach kurzem Zögern ganz brav mit mir auf den Hänger. Zum Glück folgte daraufhin auch Taajwar ohne Gegenargumente. Wir fuhren also die kurze Strecke rüber zur anderen Weide und luden dort die Pferde wieder aus. Während Taajwar ausnahmsweise nichts aus der Ruhe bringen konnte, regte sich Soudi für seine Verhältnisse ordentlich auf. Er ließ den Araber raushängen und tänzelte mit geblähten Nüstern, aufgestelltem Schweif und riesigen Äuglein um micht herum. Aber selbst in diesem Zustand blieb er ganz leicht zu händeln, reagierte trotz aller Anspannung auf mich und behielt mich im Auge. Wir brachten die beiden zunächst in einen kleinen abgetrennten Bereich der Weide. So benommen wie er war konnten wir Taajwar natürlich nicht in die Herde schmeißen. Für die Eingewöhnung in eine neue Herde muss ein Pferd schließlich fit sein und im Zweifel fliehen können. Taajwar interessierten die anderen Jungs erstmal gar nicht, er dackelte lediglich hinter Soudi her. Der verbrachte etwa fünf Minuten damit aufgeregt auf und ab zu laufen (und ließ sich dabei trotzdem noch das Halfter abnehmen) und ging dann dazu über in Ruhe zu grasen und ab und zu mal zu den anderen rüber zu gucken. Die anderen Jungs interessierten sich aber schon ziemlich für die Neuzugänge, wie man hier ganz gut sehen kann:
Die neue Herde
Insgesamt gehören (mit Taajwar und Soudi) neun Pferde zu der neuen Herde. Zwei ältere Wallache (Warmblüter), zwei 3jährige Wallache (Warmblut und Barock-Tinker), zwei 2jährige Hengste (Friese und Haflinger), ein 2jähriger Wallach (Freiberger) und unsere beiden Jährlinge. Genug Spielkameraden also, und das Ganze dann auch noch unter den wachsamen Augen der Erwachsenen. Die Jungs haben insgesamt rund 10 Hektar Weide und bleiben dort das ganze Jahr über. In diesem Jahr gab es auch noch zwei ganz neue Unterstände, die aber irgendwie nur bei Sonne benutzt werden… 😉
Das Tor öffnet sich
Wir warteten etwa zwei Stunden, bis wir das Tor schließlich öffneten und die beiden in die Herde ließen. Erst dann hatten wir das Gefühl, dass Taajwar wirklich wieder voll da war. Alle hatten irgendwie damit gerechnet, dass sich alle erstmal auf Taajwar stürzen würden, aber der ließ sich, nachdem das Tor aufging erstmal vornehm zurück fallen. Soudi dagegen preschte sofort an uns vorbei auf die Weide und die ganze Herde hinterher. Natürlich hatte ich mir vorher so meine Gedanken gemacht, weil Soudi das mit Abstand kleinste und schmächtigste Pferd in der Gruppe sein würde, aber ich hatte mich schon vorab damit beruhigt, dass mein Kleiner so unheimlich schnell ist und im Zweifel jedem davonaufen würde. Das bestätige sich. Selbst das Warmblut kam mit seinen guten 1,80m Stockmaß auch im gestreckten Galopp nicht an ihn heran.
Während Taajwar relativ unbehelligt zwischen den fremden Pferden umhertrabte, wurde Soudi etwa fünf bis zehn Minuten von allen gejagt. Allerdings gab es eigentlich nur einen, der wirklich ernsthaft giftete, nämlich das eine erwachsene Warmblut. Aber auch seine Attacken verliefen glimpflich und hinterließen nicht mal eine kleine Macke… Zum Glück wurde ihm die Verfolgungsjagd auch ziemlich schnell zu anstrengend und er zog sich aus dem Trubel zurück. Inzwischen schnuppert er auch schonmal freundlich und begnügt sich damit die beiden Knirpse wegzuschicken, wenn sie ihm zu aufdringlich werden…
Die ersten Freundschaften entstehen
Langsam legte sich die Aufregung und die Herde gab die Verfolgung auf. Jetzt begannen die Pferde einzeln den Kontakt zu suchen und so konnten wir erste Annährungen beobachten. Ich hatte schon oft gehört, dass Pferde andere Pferde mit derselben Fellfarbe tendenziell sympathisch finden. Aber so richtig hatte ich mir das nie vorstellen können. Als aber der große Friese sofort begeistert hinter Taajwar herstiefelte und der Haflinger an Soudi klebte (zwar nicht wirklich seine Farbe, aber näher dran als die anderen Herdenmitglieder), kam ich doch ins Grübeln. Vielleicht ist ja doch was dran. Der 2jährige Haflinger-Hengst war jedenfalls der erste, der freundlichen Kontakt suchte und Soudi reagierte zunächst Protokollgemäß mit Fohlenkauen.
Auch der Friesenhengst interessierte sich brennend für die beiden Neuen. Weil er mit seinen zwei Jahren schon unheimlich hengstig ist und sich am Zaun ordenlich aufgeplustert hatte, hatten wir alle befürchtet, dass er ordentlich auf den Putz hauen würde. Der wilde Hengst war aber lammfromm und galoppierte bald gemeinsam mit den Neuzugängen über die Weide…
Der Einzug in die neue Herde ist geglückt – es kehr Ruhe ein
Dann kamen auch die Jungspunde so langsam zur Ruhe und man hatte Zeit sich alles mal genauer anzusehen. Die anderen riechen offenbar komisch…
Und am Ende des Tages durften die beiden Neuen sogar mit in den Unterstand. Und bevor jetzt irgendwer denkt die hätten nicht genug Platz: Das ist nicht der einzige Unterstand, aber da mussten halt alle zusammen rein. Der andere ist leer… ;D
Wie hat bei Dir und Deinem Pferd der Umzug in eine neue Herde geklappt? Gab es eine wilde Verfolgungsjagd, wurde gemobbt oder war eigentlich alles ganz friedlich?
7 comments
Das ist ein toller Bericht!
Bei uns war das so: Miranda und Bachus lernten sich erst hier auf dem Hof kennen. Ich organisierte die Ankunft der Pferde zum selben Zeitpunkt. Leider stand der Transporter mit Bachus im Stau. So kam Miranda zuerst an und musste erst einmal in die Box. Sie drehte total durch, weil sie nach 20 Jahren von ihrer Herde getrennt war. Man konnte das Weiße in ihren Augen sehen und sie schrie sich die Seele aus dem Leib. Ich dachte mir der werde ich nie klar kommen… Als Bachus 2 Stunden später ankam, führte wir ihn in die Nebenbox. Der war zum Glück ganz ruhig und begann gleich Heu zu fressen. Miranda kam durch Bachus langsam runter und fing an am Heu zu kauen.
Am nächsten Morgen führten wir die beiden auf die Weide. Ich war sehr gespannt was passieren würde. Ich hatte ja noch nie Pferde zusammen gebracht. Es passierte – NIX!
Beide fingen an zu weiden und waren entspannt. Wie ein altes Ehepaar sahen sie aus. So als ob sie ihr Leben lang zusammen gewesen wären.
LG Susanne
Toll, wenn es soooo problemlos klappt. Ich glaube auch, dass es bei zwei Pferden wirklich Gold wert ist, wenn einer davon so entspannt ist. Bei Soudi und Taajwar hat das auch sehr geholfen, dass Massoud von Anfang an so cool geblieben ist. In der großen Herde ist es jetzt natürlich schon ein bisschen turbulenter, aber ich bin wirklich glücklich, dass es alles so gut geklappt hat. 🙂 LG, Sophie
Liebe Sophie,
das ist ja klasse, dass alles so gut geklappt hat.
Parcival haben wir zunächst erst Mal mit einer gleichaltrigen Stute zusammengebracht. Diese Zusammenkunft war eigentlich total unkompliziert. Die zwei sind sehr freundlich aufeinander zu und haben sich gleich angeschnuffelt und sind dann zusammen gestanden und haben Fellkraulen gemacht. Nicht einmal gab es Zicken bei der Zusammenführung. Wir haben sie extra in die Halle genommen, damit es keine Ecken gibt, wo einer reingetrieben werden kann und nicht mehr flüchten kann.
Nach zehn Minuten in der Halle haben wir die zwei dann in den Paddock getan und dort haben sie dich dann gleich zusammen hingelegt. Die nächsten Tage gab es ab und an ein paar Zickerein zwischen den Beiden aber nie etwas ernstes.
Nach einigen Tagen haben wir die zwei dann in die Herde integriert. Wir haben die zwei Jungspunde in die Halle getan und nach und nach die anderen Pferde dazu gestellt. Angefangen haben wir mit der rangniedrigsten Stute, die absolut verträglich ist. Nachdem es hier keine Aufregung gab, kamen die anderen einzeln dazu. Es gab keinerlei Schwierigkeiten. Als letztes haben wir die Herdenchefin dazu gestellt. Diese war kurz zickig, aber überraschenderweise nicht zu Parcival sondern zu der kleinen Stute, die ihre Tochter ist. Diese hat sie kurz durch die ganze Halle gejagt, während Parcival völlig unbeachtet da stand.
Nachdem sich alles beruhigt hat, haben wir die Bande auf die Weide gestellt und hier gab es überhaupt keine Probleme den ersten Tag. Die folgenden Tage gab es immer mal wieder kleine Rangeleien, aber nie was ernstes.
Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, dass es sich um eine stabile Herde handelt, wo die Pferde nicht oft wechseln. Dann funktioniert sowas recht problemlos.
Für Parcival habe ich auch darauf geachtet, dass er in einer altersmäßig bunt gemischten Herde lebt und zum Glück eine Mini-Herde gefunden in der er jetzt sehr friedlich lebt. Da die Besitzer der anderen Minis züchten sind immer wieder Jungpferde zum Spielen da, aber auch ältere Pferde, die den Kleinen die Verantwortung abnehmen und sie etwas miterziehen. Reine Jungpferdeherden wie man sie oft sieht, finde ich nicht gut. Hier haben die Jungpferde finde ich viel zu viel Verantwortung und auch zuviele Freiheiten.
Liebe Grüße
Miriam
Achso, was ich noch sagen wollte, es sind total schöne Fotos geworden. Soudi ist wirklich ein hübscher Kerl 🙂
Das klingt ja nach einer sehr toll durchdachten und umgesetzten Zusammenführung! So soll es laufen. Normalerweise hätte ich das auch am liebsten so gemacht. Da die beiden aber noch jung sind und vor allem weil die neue Weide so riesig ist, hielten wir es für das Beste ihre kleine Mini-Herde einfach in die große hinein zu stecken. Zum Glück hat es ja auch wirklich gut geklappt. Zwar gibt es hier und da nochmal ein bisschen Gegifte, aber die meiste Zeit ist alles friedlich. Gestern hat die ganze Herde ganz wunderbar gemeinsam gegrast. Die Sonne ging unter und sie standen zusammen im hohen Gras, hinter mir war ein Feldhase unterwegs. Alles ganz friedlich… 🙂
Und danke für das Foto-Kompliment. Ich habe mit der neuen Spiegelreflexkamera mal ordentlich rumprobiert und bin auch ganz glücklich, dass mir so tolle Andenken-Bilder gelungen sind. 🙂 🙂 🙂
Ach wie schön, dass das alles gut geklappt hat! Die Bilder sind wirklich klasse <3
Ja, ich bin auch total erleichtert, dass alles so friedlich abläuft. Soudi hat ein paar Freunde und ein paar, die ihn noch nicht so super finden, aber im Großen und Ganzen ist wirklich alles sehr friedlich. 🙂 Gestern hatte er eine kleine Macke, aber er ist auch teilweise schon ganz schön frech. Da muss er das dann eben auch abkönnen… 😉 Und danke für das Bilder-Kompliment. Ich bin auch total happy! Leider will Stef die Kamera wieder mit auf’s Boot nehmen und ich will sie jetzt gar nicht mehr hergeben… 😉