Ich möchte Dir heute von diesem Traumurlaub erzählen, den wir letztes Jahr gemacht haben. Von dieser kleinen Auszeit, von diesem paradiesischen Ort, den wunderbar eigenen Pferden (und Menschen) und den besten Ausritten, die ich je erleben durfte.
Mein bisheriges Reiterleben bestand leider vor allem aus Hallen und Plätzen, dabei wollte ich immer am liebsten ins Gelände. Als Kind hatte ich schon einmal einen Reiterurlaub gemacht. Der Hof war schön, die Ponys kamen abends auf die Weide und konnten nicht viel außer Ausreiten. Und nichts anderes taten wir dort. Als ich zurück kam hörte ich auf zu reiten, weil ich keine Lust mehr auf Dressur (deren Sinn mir damals auch niemand erklärte) und dunkle Hallen mehr hatte. Aber an diesen Reiturlaub denke ich bis heute gerne zurück. Ich glaube meine Eltern glauben bis heute es wäre schrecklich gewesen und ich hätte deshalb aufgehört…ist aber auch schwer zu erklären. Ich wollte dieses Gefühl erleben, das man einfach nur draußen in der Natur haben kann.
Als ich dann wieder anfing zu reiten wurde auch dieser Urlaub wieder präsenter und ich wünschte mir das im Grunde wieder. Ein Wanderritt war mein Traum, aber ich wollte auch gerne Stef dabei haben und mehrere Tage im Sattel hätte ich ihm dann doch nicht zumuten wollen. Ich verwarf den Gedanken wieder.
Dann planten wir gemeinsam einen neuen Urlaub. Wir hatten Lust auf Italien. Toskana, Wein, gutes Essen und schöne Natur. Das war es was uns vorschwebte. Am liebsten in einem Agriturismo, in dem selbst produziert und gekocht wurde. Also begaben wir uns auf die Suche. Und auf dieser Suche entdeckte ich es: Il Cornacchino. Agriturismo und Reiterhof. Wahnsinn! Ich war natürlich Feuer und Flamme. Stefan ließ sich erstaunlicherweise auch schnell überzeugen und schien wirklich Lust darauf zu haben. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich schwer verliebt war, oder? 🙂
Wir buchten also ziemlich unkompliziert per Mail und ein paar Wochen später ging es auch schon los…
Eine abenteuerliche Fahrt ins Abenteuer…oder so…
Unser Flieger kam abends an und wir holten unseren Mietwagen ab. Es waren knapp drei Stunden Fahrt, wenn ich mich recht entsinne, aber was wir nicht bedacht hatten waren die Dunkelheit und die absolute Abgeschiedenheit von Il Cornacchino. Was wir die restliche Urlaubszeit genießen würden verfluchten wir in dieser Nacht ziemlich ausgiebig. Trotz fehlendem Navi und einer eher grobschlächtigen Karte fanden wir den Hof aber dann doch ohne wirklich große Verzögerungen. Er lag ganz oben auf dem Berg Amiata in der Einsamkeit. Trotz der späten Stunde wurden wir freundlich und fröhlich in Empfang genommen und auf unser Zimmer gebracht. Wir schliefen wahrscheinlich innerhalb von Sekunden…
Das Erwachen im Paradies
Als wir am nächsten Morgen die Augen aufschlugen, waren wir so weit von Zuhause, vom Alltag, von allem entfernt, dass wir fast sofort alles hinter uns ließen. Die Steinwände des traditionell toskanischen Gasthauses wirkten rustikal und gemütlich, das Zimmer hatte alles was man so brauchte. Einige Zimmer teilten sich hübsche Bäder auf dem Flur, unseres hatte sogar ein eigenes Bad. Als wir an diesem Morgen auf den Hof kamen, wurden wir von Sonne und Hunden begrüßt. Ich war sofort zuhause. Der Essensraum von Il Cornacchino besteht aus drei großen Tischen, an denen alle beisammen sitzen. Die Atmosphäre ist locker und ungezwungen, die Köchinnen, die jeden Tag drei Mal Köstlichkeiten auf die Teller zaubern, verbreiten stets gute Laune. So kann ein Urlaub gern immer anfangen!
Die erste Erkundungstour
Nach dem Frühstück hatten wir Zeit uns ein wenig umzusehen. Ein langgezogener Weg führte an den riesigen Weiden vorbei zu den Stallungen, von denen aus auch die täglichen Ritte starten. Um das Gelände von Il Cornacchino herum erstrecken sich weitläufige Wälder. Ich hätte für immer an den Weiden sitzen und auf die Pferde und Wälder und den Himmel gucken können. In der anderen Richtung führte der Weg hinauf auf die Spitze des Berges Amiata, wiederum durch Wald und Felsen. Die Landschaft war einfach wunderschön.
Rauf auf’s Pferd
Auch an diesem ersten Tag durften wir schon rauf auf’s Pferd. Aber zunächst zu einer Reitstunde, die vor allem dazu dienen sollte unser Können einzuschätzen und uns die wichtigsten Dinge zu erklären. Ich ritt einen großen, schlacksigen Braunen mit butterweichen Gängen. Ich nehme es vorweg: Alle Pferde standen so fein an den Hilfen, wie ich es bei „Schul“pferden nie für möglich gehalten habe. Offensichtlich werden die Pferde regelmäßig Korrektur geritten und wie ich in den nächsten Tagen erleben durfte, wurde auch immer viel Wert darauf gelegt, dass sie auch von unerfahrenen Reitern gut behandelt und geritten wurden.
Das Essen
Eine unsere Hauptintentionen nach Italien zu fahren war das gute Essen. Wir hatten Halbpension gebucht und fanden uns dementsprechend sehr gespannt abends im Essensraum ein. Jeden Abend (und jeden Mittag, was ich allerdings nie geschafft hätte, Stefan aber in der zweiten Woche sehr wohl…) tischten unsere großartigen Köchinnen vier oder fünf Gänge auf. Ich bin Vegetarierin, weshalb ich natürlich noch etwas gespannter war als die anderen. Das Essen war so gut uns so reichlich, dass wir alle jeden Abend eher aus dem Speisesall rollten als gingen. Und obwohl ich auch als Vegetarierin immer mit riesiger Auswahl pappsatt geworden wäre, bekam ich oft genug auch noch eine „Extrawurst“, wenn in einem der Gänge Fleisch drin war. Es war wirklich ein bisschen wie bei Mama, wir hatten nicht nur tolle Köchinnen, sondern sie waren auch aufrichtig besorgt um unser leibliches Wohl. Die Abende dort mit den anderen Gästen, den Rittführern und den anderen Mitarbeitern von Il Cornacchino waren immer ein Highlight des Tages.
Die Pferde und die Ausritte
Aber das eigentliche Highlight waren natürlich die Pferde. Ernsthaft: Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich weiß nicht, ob Dir das auch so geht, aber ich hab vor so einem Urlaub immer ein bisschen Angst, dass mir die Haltung oder das „Arbeiten“ der Tiere so gar nicht gefällt und ich den Urlaub deshalb mehr oder weniger unglücklich verbringen würde. So kam es nicht. Die Pferde auf Il Cornacchino kommen nach der Arbeit jeden Tag auf die großen Weiden. Die Pferde wechseln sich regelmäßig ab, kein Pferd geht im „Dauerbetrieb“. Die Gäste werden realistisch eingeschätzt und wenn sie etwas machen wollen zudem sie noch nicht fähig sind, dann wird auch mal „Nein!“ gesagt. Ich war glücklich. Unter diesen Voraussetzungen kann man einen Reiturlaub wirklich genießen.
Wie oben bereits erwähnt waren die Pferde wirklich gut ausgebildet und wurden auch sehr passend zu Können und Temperament des Reiters zugeteilt. So kam ich zu Storna. Storna war auf jeden Fall über 20, topfit und konnte verdammt zickig sein. Ich habe sie geliebt und wollte nach dem zweiten Ritt kein anderes Pferd mehr reiten. 🙂 Auf dem Foto seht ihr sie auf der Weide, da sieht sie ganz friedlich aus… 🙂 Als ich nach zwei Wochen wieder fuhr waren wir ein richtig gutes Team geworden. 🙂
Es gab eine Reiteinheit morgens und eine nachmittags. Am Abend zuvor konnte man immer sagen ob und wieviel man reiten wollte. In der ersten Woche ritten wir meist einmal am Tag, außer an zwei Tagen, die wir für Ausflüge nutzten. Und was soll ich sagen?
Die Ausritte waren einfach traumhaft. Sie gingen durch Wälder, Hänge hinauf und herunter, durch ausgetrocknete Bachläufe, kleine Wasserstellen und durch’s Unterholz. Auf Bergkuppen genossen wir die Sonne und den Duft der Kräuter und Sträucher und blickten schweigend über das Land um uns herum bis zum Meer. In der Fortgeschrittenen-Gruppe legten wir himmlische Galopp-Sprints ein, bei denen wir die Pferde einfach laufen ließen und uns diesem Gefühl hingaben in Freiheit zu sein.
Natural Western Riding Kurs
In der zweiten Woche hatte ich mich für den Natural Western Riding Kurs eingeschrieben. Fabio Tascone ist wahrscheinlich DER große italienische Horseman und einer der Besitzer von Il Cornacchino. Er ist oft wortkarg und man sieht ihn selten lachen, aber er ist ein wahnsinnig interessanter Mensch und wenn man ihn mit den Pferden sieht, dann kann man aus jeder Bewegung lernen. Fabio war unser Lehrer in diesem Kurs und auch wenn er uns wirklich getriezt hat, hat es sich doch gelohnt den Kurs zu machen. Nach zwei Theorie-Einheiten, die mir ehrlich gesagt nicht nur einmal die Augen geöffnet haben, wurden wir dann auf die Pferde gesetzt. Es dauerte wahrscheinlich ungefährt zwei Minuten bis Fabio unsere Probleme durchschaut hatte. Interessanterweise war das Hauptproblem bei uns allen dasselbe: Wir wurden fest in der Hüfte und hatten deshalb auch Probleme mit dem Angaloppieren. Die Konsequenz waren drei WIRKLICH anstrengende Vormittage, die fast ausschließlich aus Galopptraining und Lockerungsübungen bestanden. Am dritten Tag schafften wir es alle nicht mehr zu verkrampfen und locker auf dem Pferd zu sitzen. Die Belohnung waren Ausflüge zu den Trailplätzen für die restliche Zeit. Dort bin ich über meine erste Brücke geritten, habe mein erstes Tor geöffnet und habe (ganz langsam) mein erstes Barrel-Race (im Schritt) gemacht. 🙂 Nachmittags habe ich es mir außerdem nicht nehmen lassen auch noch auf Ausritte zu gehen. Darauf verzichtet man auch nicht, wenn man es vermeiden kann. 🙂
Fazit: Ein Reiter-Traumurlaub!
Ganz ehrlich? Ich kann Il Cornacchino einfach nur uneingeschränkt empfehlen. Ich hatte wirklich große Erwartungen an diesen gesamten Urlaub und die wurden bei weitem übertroffen. Dass man solche Ausritte auf fremden Pferden machen und sich dabei so sicher fühlen kann, das hätte ich mir nicht vorstellen können. Die Touren waren ein Traum, die Pferde ebenso, die Rittführer halfen einem weiter und das Essen war umwerfend lecker. Es hat seinen Grund, dass gefühlt Dreiviertel der Gäste Stammgäste waren und wirklich seit Jahren immer wieder kommen. Ich glaube das war wirklich ein Glücksgriff und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich dort nicht zum letzten Mal gewesen bin. Wanderritte kann man da übrigens auch machen. Egal ob der Einsteiger-Schnupperritt oder ein längerer Individualritt, Il Cornacchino ist sogar mit der Windrose der deutschen Wanderreiterakademie ausgezeichnet und organisiert nächstes Jahr, glaube ich, einen Teilabschnitt der jährlichen Wanderreiter-Staffette. Falls Du noch Fragen zu diesem Urlaub hast, dann sprich mich gern an, und wenn Du schon überzeugt bist, dann wünsche ich Dir vor allem: Ganz viel Spaß!!
*Die Fotos sind alle von Sandy Malandrini von Il Cornacchino. Ich hatte extra ganz viele Fotos gemacht, aber leider waren wir danach noch in Rom, wo uns ganz klassisch die Kamera geklaut wurde. Danke Sandy, dass ich Deine Bilder für diesen Post benutzen darf! 🙂
6 comments
Wie gut, dass wir unseren diesjährigen Urlaub noch nicht geplant haben! Das klingt traumhaft – und ich habe bisher wenig Reiturlaube gemacht, aus eben den Gründen, die du aufführst: kein Bedarf auf steilen Bergpfaden mit schlecht ausgebildeten, unwilligen Pferden und unsicherer Ausrüstung zu kämpfen. Falls du mal in die USA reiten willst, schau dir die Rocking Z Ranch, Montana, an. Familienanschluss, leckeres Essen und überwiegend nach Parelli ausgebildete Pferde.
Das würde mich ja sehr freuen, wenn ich Dir den diesjährigen Urlaubstipp geben konnte! 🙂 Es war wirklich ein Traum, vor allem das Gelände und die Pferde. Und dass eben auch darauf geachtet wurde, dass es den Pferden gut geht… Irgendwann mache ich auch nochmal einen der Wanderritte, die Il Cornacchino anbieten. 🙂 Reiten in den USA wollte ich aber auch schon immer mal. Werde mir die Ranch nachher mal anschauen! 🙂
Hallo Sophie. Danke für den tollen Bericht. Beim Durchlesen ist bei mir alles nochmals wie ein Film abgelaufen. Übrigens, Ivo und ich waren eben Ende September wieder für eine Woche auf Cornacchino (wenn auch immer noch als Reitanfänger). Du kannst es dir denken, es war wieder unglaublich toll und wir gehen bestimmt wiedermal.
Hallo Bea,
wie schön, dann habe ich es ja gut beschrieben! 🙂 Ich bin ganz neidisch, dass ihr wieder da wart, aber es freut mich natürlich auch sehr für euch! Irgendwann fahren wir auch ganz sicher nochmal hin. Stefan hat sogar richtig Spaß gehabt, glaube ich. Neulich hatte er mal die Gelegenheit sich auf ein Pferd zu setzen und hat sie sofort ergriffen – und ist dann im wilden Galopp über den Platz gefegt… 😉
Ganz liebe Grüße,
Sophie
Hallo Bea!
Wie witzig, dich hier wieder zu treffen! Viele Grüße auch an Ivo! Nadja
@Sophie: Wir waren gemeinsam in Cornacchino, und mein Freund ist mit Bea und Ivo ausgeritten, während ich im Kurs war. 🙂
Ach wie großartig! Ich hatte schon kurz überlegt, ob ihr dann gleichzeitig da wart! Aber ich hatte ganz vergessen zu fragen. Bea und Ivo waren das letzte Mal gleichzeitig mit uns da und wir haben auch ein paar gemeinsame Ausritte hinter uns. 🙂