Heute geht es mal wieder um ein Thema, das mir immer wieder begegnet und das mich langsam aber sicher zur Weißglut bringt. Über welche Reitlehre oder Methode ich auch spreche, immer stoße ich auch auf Kritiker. Das finde ich an sich natürlich auch überhaupt nicht schlimm, aber die Gründe, warum vieles kritisiert wird, die finde ich schon schlimm.
Diese Reitlehre ist falsch weil…das kann man ja falsch machen.
Diese Reitlehre ist falsch weil…das kann man ja falsch machen.
Es geht mir hier vor allem um Reitlehren oder Methoden. Horsemanship zum Beispiel. Ich habe das mit meiner ehemaligen Reitbeteiligung gemacht und es hat Wunder gewirkt. Natürlich muss man bei Natural Horsemanship darauf achten, wieviel Druck man anwendet. Das steht außer Frage. Nun ist es mir neulich aber wieder passiert: Ich erzähle von meinen Erfahrungen mit Natural Horsemanship und meine Gesprächspartnerin rümpft sichtlich die Nase. Ich frage natürlich warum und sie erzählt mir frei heraus, dass sie Natural Horsemanship nicht gut findet. Warum?, frage ich wieder – und bleibe bei der Antwort einigermaßen ratlos zurück: „Weil viele das ja nicht richtig einschätzen können und mit viel zu viel Druck arbeiten. Das ist doch nicht pferdefreundlich!“ Nein, ist es natürlich nicht, aber das ist dann ja auch nicht Natural Horsemanship…?!
Das gleiche Gespräch hatte ich an einem anderen Tag mit einer anderen Person über Philippe Karl. Ja, Philippe Karl sei schon toll. Aber sie sei mal bei einem Kurs gewesen und da hätten andere Reiter (die nicht am Kurs teilnahmen!!) hinter seinem Rücken versucht seine Methoden nachzuahmen und was dabei herausgekommen sei, das sei ja sooo schrecklich gewesen. Deshalb fände sie Philippe Karl nicht gut… Ähem, ok?!
Und an einem anderen Tag postete jemand in eine Facebook-Gruppe, in der es um gebissloses Reiten geht, dass es ja Leute gibt, die gebisslos reiten und deren Pferde mit durchgedrücktem Rücken laufen würden und überhaupt nicht vernünftig ausgebildet wären. Und wie die Mitglieder dieser Gruppe denn dann dazu kämen sich als fair zum Pferd zu bezeichnen. Ja, und wenn wir gerade beim Thema sind: *ironieon* Ich habe auch schonmal einen Sattel gesehen, der dem Pferd nicht passte und Schmerzen verursachte. Und wie kann denn dann überhaupt jemand mit Sattel reiten? *ironieoff*
Eine Methode wird nicht falsch weil Leute sie nicht richtig anwenden
Was ich sagen möchte ist: Nur weil eine Methode oder Reitlehre falsch angewendet werden kann, ist sie nicht schlecht oder falsch. Wenn wir nach diesem Ausschlussprinzip gehen würden, dann stünden wir schnell ziemlich ratlos da, denn jede Reitlehre kann falsch verstanden und angewendet werden. Bei jeder Methode ist es wichtig, dass sie uns von jemandem vermittelt wird, der sie beherrscht. Und immer ist es entscheidend, dass wir unsere Arbeit regelmäßig überprüfen lassen. Auch die Reitweisen, die ich angesprochen habe, bergen Gefahren. Das bestreite ich nicht. Aber deshalb sind sie noch lange nicht falsch, wenn sie richtig angewendet werden. Und ich bin es leid diese Diskussion zu führen.
Eine Reitlehre oder Methode ist dann falsch, wenn sie richtig angewendet schädlich ist oder dem Pferd nicht gerecht wird. Ansonsten können wir festhalten: Was eigentlich schlecht ist, das ist Unwissenheit. Deshalb sollten wir uns von einem Profi zeigen lassen was wir mit unseren Pferden vorhaben.
Hat Dir der Artikel gefallen? Dann abonniere jetzt unseren Newsletter!
Das könnte auch interessant für Dich sein:
10 Survival-Tipps für die digitale Pferdeszene
Der verarscht Dich doch!
Helft einander und hört auf zu pöbeln
Ich bin schuld! Immer!
Warum Dein innerer Fokus Deine wichtigste Hilfe ist
*Foto: Scotsxc, Toronto.
6 comments
Liebe Sophie,
es ist Schade, dass oft etwas verurteilt wird, was man teilweise noch nicht mal richtig kennt. Sehr oft begegnet mir im Stall, dass die anderen mir sagen, was ich da mache ist Humbug und ich würde mein Pony ja nur mit Leckerlies vollstopfen und wenn ich wissen wollte wie ich mit Parcival richtig trainieren soll, dann soll ich doch mal zur Parelli-Instructorin im Stall gehen. Parcival wurde sogar schon bemitleidet, dass er soviel fressen muss. Dazu muss ich sagen, dass ich in der Regel eine einzige Karotte klein schneide und wir davon nach dem Training sogar noch übrig haben. Da bekommt manch anderes Pferd ja schon mehr nur so zur Begrüßung, was Parcival zum Beispiel nie bekommt.
Versuche ich zu erklären, dass es sich um eine wissenschaftlich belegte Trainingsmethode handelt und wie das ganze funktionert, hört mir keiner zu und ich werde komplett belächelt.
Es schadet manchmal nicht auch einfach mal andere Reitweisen oder Trainingsmethoden anzuschauen. Ich hab mich sehr eingehend mit dem System von Parelli beschäftigt und es für Parcival und mich komplett abgelehnt. Ich kann es aber auch begründen und rede auch niemand anderem rein. Wenn jemand davon überzeugt ist, dass es für das eigene Pferd und sich selber der richtge Weg ist, soll derjenige das so machen. Das einzige wo ich nach wie vor den Mund aufmache ist, wenn ich sehe, dass ein Pferd ungerecht oder schlecht behandelt wird. So konnte ich am Dienstag meinen Mund im Stall auch nicht halten. Dort hat eine Reiterin ein eher schwieriges Pferd (wobei die Frage noch ist, warum das Tier so schwierig ist, aber das steht auf einem anderen Blatt). Nun hat sie ihr Pferd, was sie regelmäßig abbockt einem anderen Reiter gegeben zum Müde reiten. Das Pferd hat eigetnlich auch ganz fein mitgemacht und war recht brav. Als das Pferd ordentlich müde war, hat sich dann die Besitzerin drauf gesetzt und wollte noch reiten. Nun hat ihr Pferd einmal ganz deutlich gezeigt, dass es müde ist und nicht mehr möchte. Dann hieß es, setzt dich durch, gleich könnt ihr aufhören. Naja ihr Pferd wusste wohl nicht, dass es gleich erlöst wird und hat sich selber erlöst. Sie hat ihre Reiterin abgeworfen. Zum Gluck ist nichts passiert. Das Fazit der Trainerin und der Reiterin war, das Pferd bekommt am nächsten Tag eine Dominanzlektion. Hier musste ich mich dann doch einmischen, denn meiner Ansicht nach war das Pferd nicht dominant (sollte man hier nun unterstellen, dass es sowas überhaupt in diesem Sinne zwischen Mensch und Pferd geben woran ich mittlerweile auch aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zweifle), sondern einfach müde. Das sind so Fälle wo ich nicht denken kann, soll jeder machen was er will, denn hier wird ein Pferd einfach überfordert und versucht zu unterdrücken. Es tut mir weh, wenn ich in das Gesicht von diesem Pferd schaue und die Hilflosigkeit darin sehe. Leider hat mein Einmischen keine Änderung gebracht und das Pferd wurde mit Schimpfwörtern bedacht und aus der Halle geführt. Ich befürchte auch das Dominanztraining am nächsten Tag hat stattgefunden.
Sorry für den langen Kommentar…
Liebe Grüße
Miriam
Liebe Miriam,
dafür brauchst Du Dich doch nicht entschuldigen, im Gegenteil: Vielen Dank für diesen Kommentar! Ich finde es toll, dass Du Deinen Mund in solchen Situationen nicht hälst. Und ich kann Deinen Schmerz bei dem Blick in hilflose Pferdeaugen auch sehr gut nachempfinden. Mir geht es genauso. Trotzdem ist es oft wirklich nicht leicht etwas zu sagen. In vielen Ställen herrscht ja nicht nur die Intoleranz, sondern es wird auch heftig gemobbt. Wer dann was sagt, der wird schnell zur Zielscheibe. Aber es ist so wichtig, dass wir eben nicht wegschauen! Und ich finde es toll, dass Du gegen solche Ungerechtigkeiten was sagst. Es ist mir schleierhaft wie blind manche Menschen gegenüber ihren Pferden sein können. Und auch gegenüber ihrer eigenen Unwissenheit. Ich wurde auch schon so oft belächelt…weil ich manche „Methoden“ einfach verweigert habe und mich stattdessen auch mit Alternativen beschäftigt habe. Mittlerweile bin ich soweit, dass mir nur noch wichtig ist was Soudi von mir denkt. Aber das ist halt gar nicht so leicht.
Mit Parelli habe ich mich auch eingehend beschäftigt und ich glaube, dass einige Elemente daraus wirklich gut und sinnvoll sind. Diese haben für meine damalige Reitbeteiligung und mich auch wirklich gut funktioniert. Andere Dinge habe ich aber einfach nicht anwenden wollen und es dementsprechend gelassen. Man sollte jeder Methode mit gesundem Menschen- bzw. Pferdeverstand begegnen und sich im Zweifel auch mal gegen etwas entscheiden. Allerdings sollte man – so wie Du – wissen was und warum man etwas ablehnt. Dieses blinde Lagerdenken ist einfach nur bescheuert – von der oben beschriebenen „Argumentation“ mal ganz abgesehen…
Ich finde es wirklich schön, dass ich durch Chevalie jetzt so viele Menschen kennenlerne, die anders denken!
Und versuch nicht allzu traurig zu sein, wenn Deine Worte in diesem speziellen Fall kein Umdenken bewirken. Ich glaube jedes Mal, wenn wir uns einmischen zählt. Der stete Tropfen höhlt den Stein, oder so… 😉
Ganz liebe Grüße,
Sophie
Hallo,
aus dem Drehwinkel habe ich viele Diskussionen noch nicht betrachtet – und schaut man so drauf, deutet man also nur das heraus, was nicht funktioniert (und damit die schlechten Beispiele), dann werden auch sehr viele überflüssig. Wenn wir also nicht mehr darauf schauen, was bei den anderen nicht funktioniert, um eine Methode abzulehnen, dann wäre die Schlussfolgerung, dass wir schauen, was für uns selbst passt. Und dafür müssten wir ziemlich viele Sachen ausprobieren. Ich kann jetzt nur von mir selbst sprechen 🙂 , aber mir fehlen Zeit und Lust mich in jede denkbare Art und Weise des Pferdetrainings einzuarbeiten. Und deswegen schaue ich schon, was bei den anderen funktioniert und was nicht. Und schon stecke ich wieder im Lagerdenken.
Vielleicht könnte man auch hergehen und versuchen herauszufinden, welche Methode für die meisten funktioniert und bei welcher die meisten scheitern (also alle gut trainierten NHS-Pferde im Vergleich mit jenen, denen die Methode geschadet hat. Alle gesunden FN-Dressur-Pferde vs die dadurch kaputt gerittenen) – aber das sagt dann ja auch nichts aus darüber, wie es bei einem persönlich aussehen würde. Verzwickt. Sorry, meine Gedanken hüpfen gerade 🙂
Ich finde deine Argumentation grundsätzlich richtig, eine Methode nicht abzulehnen, weil ein paar nicht in der Lage sind, sie richtig umzusetzen. Auf der anderen Seite weisen die klassischen Kritikpunkte (zu viel Druck im NHS, zu viel Futter beim Clickern, zu viel Zügel bei der FN, zu viel hohle Rücken bei den akademischen, zu hohe Hand bei PK) ja durchaus auch auf grundlegende Probleme der einzelnen Reitweisen hin. Weil jede eben Nachteile wie Vorteile hat. Eine Methode würde ich übrigens per se ablehnen, egal ob richtig oder falsch angewandt: die Rollkur. VG!
Hi Nadja,
die Rollkur ist mit meinem letzten Satz, glaube ich abgedeckt… 😉 „Eine Reitlehre oder Methode ist dann falsch, wenn sie richtig angewendet schädlich ist oder dem Pferd nicht gerecht wird.“ Darüber müssen wir, glaube ich nicht weiter sprechen. Und da gibt es sicherlich auch noch einige andere „Methoden“.
Ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht ganz sicher ob ich Deinen springenden Gedanken folgen konnte… 😉 In diesem Artikel geht es mir in erster Linie um diese völlig unzulängliche Art der Argumentation, die mir häufig begegnet. Ich möchte einfach festhalten, dass man eine Methode nicht generell ablehnen kann weil sie jemand falsch anwendet. Dabei geht es mir nicht um die Schwächen der einzelnen Reitlehren! Es geht mir darum, dass Menschen, die sie wirklich falsch anwenden kein Urteil über die Methode zulassen.
Die Schwächen der einzelnen Methoden sind dann nochmal ein anderes Thema über das sich natürlich jeder eine Meinung bilden kann. Das habe ich hier aber bewusst nicht thematisiert. 😉
Und was den eigenen Weg angeht: Ich denke auch nicht, dass man sich in alle Arbeitsweisen einarbeiten kann. Vor allem würde das bedeuten, dass ich keine so richtig lernen kann. Das ist nicht meine Intention! Hier geht es mir vielmehr darum, dass man nicht blind gegenüber guten Ideen wird, weil man sich eben für ein anderes Lager entschieden hat. Und wenn ich merke, dass meine Methode nicht die richtige für mein Pferd ist, dann muss ich umdenken. Diese beiden Punkte meine ich, wenn ich sage dass man seinen eigenen Weg finden muss. Es gibt sicher Leute, die alles nach dem Bauchgefühl machen (und damit vielleicht auch gut fahren). Das könnte ich nicht. Ich brauche Grundpfeiler, die mich am Ende auch zu einem Lagermitglied machen. Aber das heißt nicht, dass ich mich Einflüssen anderer Lager verschließe. Was bedeutet das in der Praxis? Ich bin ursprünglich Westernreiter. Das gefällt mir auch gut, aber zwei Dinge stören mich und für die suche ich Lösungen in anderen Reitweisen: 1. Die Gymnastizierung. 2. Die tiefe Kopfstellung und die schwunglosen Gänge.
Zu 1.: Westernreiten ist nunmal eine Arbeitsreitweise und es gibt in dem Sinne keine Dressur, die für das Pferd da ist. Wenn man sich die Western“dressur“ ansieht, dann sind das Manöver, die aus der Arbeit entstanden sind. Die Pferde waren für die Arbeit da und die „Dressur“, die daraus entstanden ist geht teilweise sogar auf die Gelenke. Aber natürlich kann man mit einem Westernpferd gymnastizierend Übungen machen und sollte das auch tun. Diese entnehme ich dann aber einem anderen Lager… Und zu 2.: Die altkalifornischen Westernreitweisen hatten diese tiefe Kopfstellung nicht. Die, die hier größtenteils gelehrt werden aber schon. Und danach wurde ich auch unterrichtet. Es gibt Pferde für die ist das sehr nahe an ihrer natürlichen Kopfhaltung. Soudi gehört aber absolut nicht zu diesen Pferden. Er trägt den Kopf hoch und hat sehr schwungvolle Gänge, die ich ihm auch nicht aberziehen möchte. Deshalb sehe ich mich in der altkalifornischen Reitweise, bei den Working Equitation Leuten und so um. Wieder ein anderes Lager. Aber ich muss nunmal auf Soudis Besonderheiten eingehen. Das ist jetzt alles etwas vereinfacht dargestellt, ich glaube aber, dass ich so gut deutlich machen konnte worum es mir geht.
Liebe Grüße,
Sophie
Okay, da kann ich folgen 🙂 Ich denke auch, dass man als „Lagermitglied“ die Augen offen halten kann und sollte und sich in Toleranz gegenüber anderen üben sollte. Was für mich gut funktioniert, mag für einen anderen nicht sinnvoll sein. Ich glaube aber auch, dass man sich den auch Lagern anschließt, weil man von den anderen Methoden zu viele Leute gesehen hat, die sie falsch anwenden und daraus dann den Schluss zieht, dass die Methode nicht funktioniert. Natürlich ist es blödsinnig, seine Meinung an nur einer Beobachtung aufzuhängen (beispielsweise hab ich vor ein paar Wochen eine PK-Lehrerin in Aktion gesehen und es war schauderhaft. Dennoch finde ich seinen Ansatz überdenkenswert). Aber ich glaube, das ist auch menschlich. Also zumindest mich hat besagte Dame darin bestärkt, keinen Unterricht nach PK zu nehmen. Aber das hätte ich auch vorher schon nicht 🙂 VG!
Schön, dass wir uns wieder halbwegs einig sind. 😉 Ja, klar ist es menschlich diese Schlüsse zu ziehen. Aber wir Menschen wurden ja auch mit Verstand und der Fähigkeit zu hinterfragen gesegnet… ;P Nein, mal ehrlich: Wenn ich für mich feststelle, dass eine Art der Arbeit nichts für mich ist, dann ist das ja auch ok. Aber andere und die ganze Methode dafür zu verurteilen, weil man mal was schlechtes davon gesehen hat, das ist Quatsch. Und gerade PK ist ja anscheinend in unserem Fall ein gutes Beispiel. Ich habe ihn und ein paar von ihm ausgebildete Reiter bei der Hansepferd gesehen und war schlichtweg begeistert von der Leichtigkeit. Daraus resultierend würde ich sehr gern mal einen Kurs belegen und das Ganze genauer kennenlernen. Uns prägen unsere eigenen Erfahrungen, das ist ja ganz normal. Aber wir sollten uns eben auch immer fragen, ob unsere Erfahrungen repräsentativ für die Methode oder Lehre sind. 🙂